Die letzte Aprilwoche ist seit einigen Jahren die „Fashion Revolution Week“ und erinnert an das große Unglück der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch in 2013. Das war bei mir ja auch wirklich der Wendepunkt in Sachen Kleidung shoppen. Zunächst bin ich auf Second Hand Mode umgestiegen, aber seit Beginn des Holycows Blogs bin ich durch die kontinuierlichen Nähprojekte inzwischen fast bei einer komplett selbst genähten Garderobe angekommen. Das macht mich immer wieder stolz und glücklich. Aber nicht nur die Zustände in den Textilfabriken, in denen Kleidung genäht wird, sind verheerend. Bereits die Stoffproduktion, der stark pestizidbelastete Anbau von Baumwolle, der Einsatz giftiger Chemikalien bei der Verarbeitung und beim Färben – es wird wirklich gruselig, wenn man in tiefer in die Thematik einsteigt… und die Frage nach den Alternativen stellt sich.
Zum Thema Stoffe mit Pflanzen färben hab ich schon vorletztes Jahr erste Experimente gemacht und auch einen Blog Beitrag geschrieben. (Bevor ihr fragt, ich kann immer noch keine genähten Teile zeigen aus den Stoffen, aber: bald!). Anfang diesen Jahres habe ich entdeckt, dass MyBoshi Kreativpakete mit Wolle und Pflanzenfarben anbietet und mich für einen Produkttest beworben. Ein Materialpaket, bestehend aus 3 Farbstoffen und 3 Wollknäueln, habe ich daraufhin gesponsert bekommen. Auf meine Frage, wie viel Material ich denn pro Farbe färben kann, bekam ich die Auskunft, dass man das nicht so genau sagen könnte, 100g (für ein Paar Socken) auf jeden Fall, aber sehr wahrscheinlich mehr. Das stimmt, wie sich herausgestellt hat. Jedoch war es gut, dass ich von meiner letzten Aktion noch das Beizmittel Alaun zuhause hatte, denn die Menge, die im Set ist, reicht nur für je 100g Färbegut pro Farbe.
MyBoshi hatte 3 verschiedene Qualitäten im Paket:
1. 100g Sockenwolle (75% Wolle 25% Polyester),
2. 50g Baumwolle,
3. 50 g 50/50 Wolle/Baumwolle.
Und die Farbdosen beinhalten alle Zutaten (Alaunbeize, Färbemittel, Zusatzstoffe, Anleitung) schön verpackt.
Im neu eröffneten „Selfmade“ Concept Store von Stoff und Stil in Tempelhof hatte ich Ende Februar noch mehr Wolle für die Färbeaktion gekauft. Denn mit je 1 Knäul kann man ja nicht so wirklich was anfangen… Es sollte zumindest für Accessoires oder Kindersachen reichen. Meine Beute bestand aus 3x Merinowolle (Superwash) und 3x 100% Baumwolle. Außerdem hatte ich noch Bio Baumwolljerseys und weiße Leinenstoffe im Fundus.
Ostern, das ich brav fern meiner Familie allein im Lockdown verbracht habe, war nun ein prima Zeitpunkt für den Färbespaß. Statt Eiern hab ich dieses Jahr eben Textilien gefärbt! Nun ist es so, dass man Wolle in Knäueln nicht gut färben kann, es sei denn, man beabsichtigt einen Farbverlauf. Deshalb musste ich 400g Wolle erst mal abwickeln zu Strängen.
Ich hatte mir die Farben „Krapp“ (Rot), „Blauholz“ (Blaulila) und „Granatapfel“ (schwarz) ausgesucht. Wie mit Granatapfelschalen Wolle schwarz werden sollte, war mir gänzlich schleierhaft. Da gibt es allerdings auch einen chemischen Zaubertrick: mit Hilfe von Eisen wird die eigentlich gelbe Farbe in Reaktion dann schwarz. Dass das wirklich funktioniert, konnte ich schon im Januar feststellen, als ich einen kleinen Workshop zum Thema Textildruck mit Pflanzenfarben bei Elke von „Still Garments“ gemacht habe. In dem Kurs haben wir zur Hälfte mit Beizpasten Motive gemalt und gedruckt, die erst nach dem Tauchen in die Pflanzenfarbe sichtbar werden. Und zur anderen Hälfte Stoffe mit farbigen Tinten, hergestellt aus Pflanzenextrakten, bemalt oder bedruckt. Ein spannender Workshop, durch Elkes Erfahrungsschatz, guter Vorbereitung und Hilfestellung konnten in relativ kurzem Zeitrahmen tolle Muster entstehen.
Ein tolles Buch zum Thema hatte ich mir auch noch zugelegt, das ich an der Stelle gerne empfehlen möchte.
Mit dessen Hilfe und durch meine vorhergehenden Erfahrungen habe ich mich auch nicht wirklich an die Anleitungen von MyBoshi gehalten. Dort wird das Färben schon fast zu einem Schnellverfahren – in 3h ist man fertig! Ich nicht. Denn ich hab die Materialien über Nacht in der Beize gelassen und auch die gefärbte Wolle bzw. Stoffe habe ich im Farbsud abkühlen lassen.
Außerdem sind die Textilien immer noch nicht ausgewaschen – das hilft der Haltbarkeit der Farben, wenn man sie unausgewaschen trocknen und einige Wochen ruhen lässt.
Begonnen habe ich mit der Krapp Färbung und der Merinowolle. 25g Krapp-Pulver war in der Packung. Um ein Knallrot zu bekommen, hätte ich wohl 1:2 färben müssen (also ein 50g Knäul). Ich habe aber gleich 150 g genommen und herausgekommen ist ein schöner Lachs/Terrakotta Farbton. Danach habe ich die 50/50 Wolle in den Topf gegeben. Baumwolle nimmt Farben grundsätzlich schlechter an, als Wolle, weshalb dieses Garn „meliert“ aus dem Farbtopf kam, in einem helleren Lachston. Als dritten Färbegang (ich hatte das Krapp-Pulver in einen Teebeutel gepackt und bei jedem neu erhitzen nochmal mit aufgekocht) habe ich ein Stück Leinenstoff gefärbt – der wurde nur noch dezent lachs-rosé.
Dann kam das Blauholz dran. Diesmal habe ich zuerst das Leinen in die Farbe gegeben, da ich wissen wollte, wie dunkel es sich färben lässt. Es wurde fast schwarz! In der 2. Runde habe ich die Hälfte der Sockenwolle gefärbt, die auch sehr dunkel lila wurde. Danach die 3 Knäul Baumwollgarn und die andere Hälfte der Sockenwolle, die wurden mittel- bis hell violett. Als ich danach die Flotte entsorgen wollte, fiel mir auf, wie viel Farbe noch immer drin ist und hab sie wieder auf den Herd gestellt. In Runde 4 kamen 2 Jerseys (ein beige melierter und ein weißer) und die MyBoshi Baumwolle in den Topf. Und in Runde 5 noch ein Stück Jersey, der dann aber nur noch ganz wenig Farbe abbekommen hat. Damit waren alle gebeizten Materialien aufgebraucht und nichts mehr für die dritte Farbe (Granatapfel) übrig. Wahnsinn, wie ergiebig 25 g Blauholzspäne sind – insgesamt habe ich ca 800 g Textil damit gefärbt.
In meinem tollen Buch stand, dass man durch Zugabe verschiedener Materialien den Farbton der Blauholzfärbung beeinflussen kann, z.B. mit Natron und Eisen in Richtung blau/grau statt lila. Das Eisen hatte ich aus der Granatapfel Packung „geklaut“, es handelt sich um Eisenwolle, die in Essigwasser so lange gekocht wurde, bis die Flüssigkeit rostbraun wurde.
Ich hab mich kaum getraut, aber dann doch irgendwann mutig alles in den „Hexenkessel“ gerührt, bis sich die Farbe des Suds deutlich verändert hat. Dann hab ich die beiden Sockenwollen, den blassen Jersey und die MyBoshi Baumwolle nochmal in den Topf gegeben und zugeschaut wie sich magisch die Farbe verändert hat! Auch den dunklen Leinenstoff hab ich am Ende nochmal hinein gegeben, dort konnte ich aber keine Veränderung sehen (tja, schwarz ist schwarz…)
Ich weiß, die Farben sind noch nicht ganz endgültig, da ich noch nicht ausgewaschen habe. Ohnehin sind Pflanzenfärbungen nicht „endgültig“, sie verändern sich mit der Zeit, werden heller, grauer usw.
Aber ich bin total fasziniert von den Farbergebnissen und hatte richtig Spaß an dieser Aktion.
Verlinkt bei Nähfrosch, Creative Lovers, Einfach Nachhaltig
Wow, du nähst alles komplett selbst? Ich weiß, wie viel Arbeit dahinter steckt! Ich war schon etwas eher als 2013 auf das Thema aufmerksam geworden, hab es danach aber noch konsequenter angegangen und jetzt kauf ich alle meine Anziehsachen nachhaltig oder Second Hand bzw. nähe auch was selbst. Auf jeden Fall brauche ich in dieser Hinsicht nicht viel.
Vielen Dank fürs Teilen bei „einfach. nachhaltig. besser. leben.“
Viele Grüße, Marlene vom Blog „Verrücktes Huhn“
Du hast tolle Ergebnisse erzielt, mein Kompliment. Da ich auch immer mal mit Pflanzenfarben arbeite, bin ich immer wieder fasziniert, wie toll die Farben miteinander harmonieren – man sieht es auch an deinen Beispielen. In diesem Jahr möchte ich auch wieder mit Pflanzen färben (im letzten habe ich gar nicht), Eco Print manchen und wieder mit Solarfärbungen experimentieren (wenn wir einen warmen oder gar heißen Sommer kriegen sollten, passt das gut). Wäre das auch etwas für dich? Und in deinem letzten Post lese ich, dass du Indigofärbungen planst. Das interessiert mich sehr. Ich habe das auch mal gemacht und möchte gern wieder. Vielleicht können wir uns gegenseitig unterstützen. Jedenfalls viel Erfolg bei deinem weiteren Tun.
LG
Siebensachen
Ja die Harmonie der Farbpalette find ich auch fantastisch! Eco Print ist nicht so meins, die Muster sind mir zu wild. In meinem Buch ist ein Projetk aus gefrorenen Blüten, die mit dem Hammer in den Stoff geschlagen werden – das sieht toll aus (aber ist wohl schnell vergänglich…) Die Solarfärbung wird schwierig bei mir, weil ich im Erdgeschoss wohne (Berliner Mietshaus, 5 Stockwerke) und zwar einen Terrassengarten habe, der aber am Tag nur 1 Stunde Sonnenschein hat… Mit Indigo hab ich bisher nur in Workshops hantiert, wo das Farbbad schon fertig war. Das Färben selbst ist ja damit viel leichter als mit anderen Pflanzenfarben. Das Farbbad herstellen ist hier die Herausforderung. Mal schauen, vielleicht fang ich mit der „light“ Version an – es gibt vorreduziertes wasserlösliches Indigo als Kristalle zu kaufen, das scheint mir anfängertauglich.
Oh…. ganz toll! Ich habe ja die Färberei schon lange wieder aufgegeben, aber wenn ich Deine schönen Ergebnisse sehe bekomme ich wieder Lust.
Ein schönes Wochenende wünscht
Christine
Dankeschön! Gabs einen Grund, warum du das wieder aufgegeben hast? Oder bist du da so wie ich – alles muss mal ausprobiert werden, aber die Zeitkapazitäten reichen nicht, um alles auf Dauer beizubehalten?
Deine Färbeexperimente sind sehr faszinierend. Ich bekomme sofort Lust auch Experimente mit Farbe zu starten. Besonders faszinierend finde ich wie kräftig die Farben mit Pflanzenfarben werden. LG Julia
Toll, oder? Aber wie gesagt – die werden wohl nach dem Auswaschen nochmal heller, davon muss ich ausgehen.
Sehr cool, ich bin gespannt, was du aus den gefärbten Stoffen und garnen machst, wird bestimmt eine ganze wunderschöne Ton-in-Ton-Garderobe!
Wo ich schon mal da bin: das Jeans-patchwork-oberteil find ich auch echt klasse! Dein Blog ist generell eine schöne Inspirationsquelle! Ich mag den Stil und die Fotos, Wiedererkennungseffekt, Ruhe und Kreativität, alles da!
LG,
Antje von lelonuk
Vielen Dank, liebe Antje! In meinem Kopf ist das eine tolle Garderobe für meine kleine Nichte. Ich weiß nur nicht ob ich ihren Eltern Kleidung für Handwäsche zumuten möchte…. da ich fürchte, dass das nix für die Waschmaschine ist.