Marinière oder Breton Pullover

Das hat ganz gut geklappt mit meinem Timing. Der über den Sommer gestrickte Streifenpulli ist fertig und so langsam landen wir im Temperaturbereich, in dem man auch mal einen Pullover gebrauchen kann. Ich hatte mir bei der Passformwahl überlegt, dass ich diesen Pullover gern als Ergänzung zu meiner Sommergarderobe tragen möchte, z.B. zum abends drüber ziehen, wenn es kühler wird. Was ja dieses Jahr nicht nötig war, aber ob das jetzt für immer so bleiben wird glaube ich trotz Klimaerwärmung noch nicht ganz. 

Deshalb habe ich mich für ein Modell mit Dolman Sleeves bzw. Fledermausärmeln entschieden, damit meine Blusen und Tops noch gut und locker darunter passen. Bei meinen Volant Tops ist mir nämlich aufgefallen, dass enge Jackenärmel z.B. gar nicht darüber gehen, ohne den Volant nachhaltig zu zerknittern. 

Nach langem Suchen nach einem passenden Modell habe ich mich letztlich entschlossen, ein Strickmuster zu kaufen, nämlich „Robin“ von Josée Paquin.    
Das Original ist vorne kürzer als hinten (mag ich nicht, schon gar nicht bei Streifenmuster) und die Streifenverteilung ist anders. Aber ich wollte ja schon, dass mein Pulli wie ein traditioneller Matrosenpulli aussieht. Und wenn ich auch nicht die notwendigen 21 Streifen, die die französische Marine vorschreibt, geschafft habe (da mir der Pulli sonst zu lang wäre) – die Streifenmaße habe ich vorbildlich eingehalten: 10 mm sind die blauen und 20 mm die weißen Streifen breit. 

Ich fand die Strickweise sehr interessant, es ist nämlich ein sogenannter „RVO“ – Raglan von oben. Man muss bei dieser Technik die Teile nicht zusammennähen, es wird alles an einem Stück in Runden gestrickt und man fängt am Halsausschnitt an, nimmt dann mit Umschlägen an den Raglan-„Nähten“ zu. Auf Achselhöhe werden die Maschen für die Ärmel stillgelegt und man strickt zuerst Vorder- und Rückteil in Runden. Dann nacheinander die Ärmel. Da man beim Streifen zusammennähen so höllisch aufpassen muss, dass es keinen Versatz gibt, hab ich mir gedacht, das wird wohl so das Beste sein. Die Anleitung war wieder mal auf englisch, diesmal habe ich mich aber tapfer durchgekämpft. Mir Maschenzähler besorgt und während der Arbeit ca. 3 davon verloren. Ist das normal?

Das Tolle an der RVO Technik ist, dass man den Pulli am Stück schon anprobieren kann, um die Gesamtlänge sowie die Ärmellänge genau passend zu ermitteln.
Ich wollte den Pulli nicht zu oversized haben und da meine Maschenprobe kleiner ausfiel als die in der Anleitung, eine M gestrickt, um eine S rauszubekommen. Ich denke es hat geklappt. Obwohl ich den Brustbereich schon echt sehr weit finde, weiter hätte es auch nicht mehr werden dürfen. Aber der Plan ist aufgegangen: die Volant-Blusen passen 1a drunter.

Noch kurz zur Wolle: das ist 100% Baumwolle von Stoff und Stil. Sogenannte 8/4 Cotton. Ich hatte absolut keine Ahnung was diese Zahlen bedeuten, hab das nur schon bei verschiedenen Herstellern gesehen. Google befragt, bin ich nun schlauer. Für euch übersetzt: die erste Zahl gibt die Lauflänge eines Pfunds Baumwolle  an, die in Einheiten von 840 Yard gezählt wird. 8 (= 8 Einheiten) bedeutet eine Lauflänge von 8 x 840 = 6720 Yard auf ein Pound (450 g) Wolle. Die zweite Zahl gibt die Anzahl der Fäden an aus dem die Wolle besteht – bei 4 ist es 4fädig. Die 4 Fäden zusammenhängend wären 6720 Yard, entsprechend muss man es durch 4 teilen. Ist alles ein bißchen kompliziert mit dem Umrechnen der amerikanischen Maßeinheiten. Aber meine Rechnung hat ergeben, dass 450 g demnach 6720:4 Yard Faden enthalten. Das sind 1536 Meter. Und auf ein Knäuel mit 50 g umgerechnet, müssten 170,66 Meter sein. Stoff und Stil gibt die Lauflänge mit 170 m an, da hab ich dann wohl richtig gerechnet. 
 

Viel mehr kann ich jetzt auch gar nicht mehr sagen, so ein Teil ist schließlich ein Modeklassiker. In Frankreich hat angeblich jeder einen Marinière im Schrank. Ich jetzt auch. Tres belle – et les rayures vont toujours! Das nächste Strickprojekt ist schon in Planung, das wird ein etwas extravaganterer Strickmantel. Stay tuned. 

Meine Kombipartner: Maß-Jeans und mintfarbene Skinny-Jeans nach eigenen Schnittmustern. Volant-Top von Oh Mother Mine DIY. 

Zum Schluss schreib ich mal wieder was zum „2018 DIY Don´t Buy“ Thema. Die Frage des Monats lautete „Wie hat sich dein Kleiderschrank seit Anfang des Jahres verändert?“ Gute Frage. Meiner hat sich tatsächlich dahingehend verändert, dass ich fast ausschließlich meine selbstgemachten Sachen trage. Da ich inzwischen so viele Teile hergestellt habe, die fantastisch kombinierbar sind (siehe meinen Beitrag Capsule Wardrobe oder MeMadeMay), freue ich mich jeden Tag über die tollen Outfits die ich damit zusammenstellen kann. Das Resultat ist, ich müsste mal ausmisten bei den anderen Sachen, denen die ich in den vergangenen Jahren Second Hand gekauft habe. Ein paar Teile sind noch in regelmäßiger Nutzung, aber ich gebe zu, dass ich inzwischen z.B. keine Polyesterfasern mehr tragen möchte und mich grundsätzlich in selbst hergestellter Mode wesentlich wohler fühle. Denn außer dass die Kleidungsstücke eine hohe Qualität und  bestmögliche Passform haben, erfüllen sie mich auch mit Stolz. Und es steckt viel Liebe darin. Und das fühlt sich einfach gut an. 

Meine links gehen zu: Du für Dich, Auf den Nadeln, 2018DIYDontBuy

20 Gedanken zu „Marinière oder Breton Pullover“

  1. Ich habe zwar absolut keine Ahnung vom Stricken und den vielen Zahlen die auf so einem Wollknäuel stehen, aber dein Pullover gefällt mir richtig gut! Würde ich genauso auch tragen. Ob eine Sommerbluse drunter passt oder nicht: Spätestens im Herbst wirst du ihn sicher kaum ausziehen wollen.

    Liebe Grüße
    Jenny

  2. Knüller – Kathrin, also echt der Knüller! Jetzt steht wieder ein Projekt mehr auf meiner Liste, danke! Ich stricke grade eine Jacke am stück von oven nach unten, mit strumpfwolle… die linken Reihen nerven mich doch sehr… der pulli ist so toll, den brauche ich auch! Mir ist heute ein makierungsring in der u Bahn zwischen die sitze gerutscht und futsch… lg Sarah

    1. Ha, wusste ich es doch! Ich les ja immer mal auf facebook, dass irgendwelchen tapferen Schneiderinnen ein neues schickes Kleidungsstück „von der Nadel gehüpft“ ist. Das einzige, das mir je von der Nadel gehüpft ist, sind diese kleine Plastik-Scheißerchen. Auch einmal direkt in die Beifahrersitzritze. In der U-Bahn ist auch witzig, könnte in Berlin dabei durchaus in der Bierflasche des Sitznachbarn landen 😉

  3. Wow, ein Träumchen! Ich erfreue mich immer wieder daran, was man tatsächlich alles selbst gestalten kann, sodass es jedes gekauftes Teilchen aussticht. Ich wünsche dir sehr viel Freude damit und habe mir die Anleitung gleich mal gemerkt. Danke fürs Verlinken.
    LG Anma

    1. Gerne! Ich bin tatsächlich in einer facebook Strick-Gruppe deswegen ausgetreten – da man dort nicht auf die Anleitungen verlinken durfte. Obwohl ich dort nur den link zu meinem Blog gesetzt habe in dem dann der link zur Anleitung war. Diese „Werbung“ ist komplett unbeauftragt, aber für mich ist es selbstverständlich, die Information zu teilen. Es ist doch das, was man wissen möchte, wenn man irgendwo ein selbst gemachtes Teil sieht, das man auch gerne hätte. Da will ich ja nicht nochmal extra nachfragen müssen…

  4. Ach ja, so einen schönen, klassischen, gut kombinierbaren Mariniere hatte ich auch mal, vielleicht sollte ich noch mal … Zu blöd, dass Stricken immer so lange dauert, Ideen hätte ich für einen Pulli pro Woche.
    Aber die braucht man ja nicht alle; ich bin beeindruckt von deiner Konsequenz, denn ich habe nach wie vor viel zu viele Sachen in Rotation und kann mich nicht zum Ausmisten durchringen. Stattdessen näh ich mir weiterhin neue – und am Stricken bin ich natürlich auch …

    1. Das Problem wird mich dann auch einholen, wenn ich mich von allen nicht-handmade Sachen getrennt habe und in dem aktuellen Tempo weiter produziere. Nunja, mein Schrank ist groß 😉 Aber ich werde jetzt zwischendrin mal für Nichte und Neffe stricken, damit ich nicht zu bald an die Kapazitätsgrenzen stoße und zu viele Strickpullis in meinem Schrank landen. (Oder die müssen dann in das Regal, in dem vorher die Wolle gelagert war ;-))

    1. Oh nein! Zum Glück verfilzt die Baumwolle nicht. Die könnte zwar auch einlaufen, aber meine Maschenprobe ist in der Maschine stabil geblieben… ich hoffe das Beste.

  5. Was für ein schöner Pullover! Die Anleitung steht auch noch auf meiner Liste, dein Beitrag weckt den Wunsch, bald loszulegen.
    Spannend auch die Infos zum Marinière, den Begriff kannte ich bisher noch nicht.
    LG

    1. Ich hatte dazu auch schonmal einen link zu einem ARTE Video gesetzt in einem anderen Beitrag – leider ist das nicht mehr in der Mediathek, da war die Geschichte des Matrosenpullis total schön erklärt. Jetzt hab ich nur diesen interessanten einen Artikel gefunden https://www.deutschlandfunk.de/mariniere-im-bretonischen-quimper-legendaere-streifen.1242.de.html?dram:article_id=385592
      P.S.: der Anleitung konnte ich gut folgen – einmal die Abkürzungen übersetzt und dann war´s nicht schwer.

  6. Waoh! Supertoll! Heißt das, du hast insgesamt 450g Wolle, also 9 Knäuel gebraucht?
    Leider bin ich Strickanfängerin, aber dein Pulli motiviert mich richtig, das mal zu lernen!

    1. Hallo Jana, nein die Rechnung bezog sich darauf, dass die Maßeinheit „Pound“ gleich 450g sind. Ich habe sogar weniger Wolle verbraucht. Nicht ganz 6 Knäuel von der hellen und 2 von der dunklen Farbe. Das ist knapp unter 400 g. Aber mein Pullover ist auch relativ kurz.

      1. Na, das ist ja tatsächlich nicht so viel. Bislang kam mir das Stricken immer so wahnsinnig teuer vor. Da war mir das Nähen lieber. 😉
        Wie anfängertauglich ist denn das Strickmuster und vor allem auch die Anleitung? Sind das bis auf die Bündchen und den „Ärmelübergang“ nur rechte Maschen?
        Liebe Grüße
        Jana

        1. Hm, das ist für mich so schwer einzuschätzen ob es wirklich für blutige Anfänger geeignet ist. Es sind bis auf den Anfang am Halsausschnitt, wo man einige Reihen hin- und her strickt (abwechselnd Reihen mit rechten und linken Maschen), tatsächlich nur rechte Maschen. Aber es gibt bestimmt noch einfachere Strickprojekte. Und ja, du hast Recht – Wolle ist im Vergleich zu Stoff recht teuer. Baumwolle geht aber noch. Ich habe pro Knäuel 2 Euro bezahlt, mit 16 Euro ist der Pullover also nicht teuer. Ich warte oft einen Sale ab, wenn ich hochwertige Wolle kaufe. Ich habe für mein nächstes Projekt ein Schnäppchen gemacht mit Wolle, die aus dem Sortiment genommen wurde und die Reste zu weniger als die Hälfte abverkauft wurden. Wenn du erst mal mit kleinen Projekten, wie Schal oder Mütze anfängst, musst du auch nicht so viel Wolle kaufen und investieren.

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