Aus der Flickschusterei

Ich werde in letzter Zeit immer mal wieder von Bekannten gefragt, die mich nicht oft sehen, aber meine Social Media Präsenz wahrnehmen – ob ich jetzt eigentlich hauptberuflich Kleidung nähe. 

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Nee, das würde ich tatsächlich auch nicht wollen, bzw. möchte ich nicht davon leben müssen, bei den Preisen, die für Kleidung so als „normal“ gelten. Mein Hauptberuf als freiberufliche Grafikerin gibt mir mal mehr und mal weniger Freiraum für meine Nähprojekte. In den letzen Wochen war zum Beispiel Zeit ein knappes Gut.

Aber ich hab mich dann allerdings schon gefragt, ob ich vielleicht zu viel produziere, wenn das so rüberkommt. Ich hab ja schon immer viel genäht, nur früher halt nicht darüber gebloggt. Deshalb finde ich es umso erfreulicher, dass ich diese Woche aus der (Zeit-)Not eine Tugend machen konnte und es endlich geschafft habe, zwei Teile von meinem Reparaturstapel in Angriff zu nehmen. Denn obwohl sowas oft eigentlich schnell erledigt ist, liegen die Sachen Ewigkeiten rum bei mir. Und warum eigentlich immer nur die neu genähten Sachen zeigen? Nachhaltig ist es allemal, die alten geliebten Teile zu reparieren und zu erhalten. 

Dieses schöne Shirt habe ich nämlich bereits vor einigen Jahren genäht und es wurde oft getragen. Ich hatte dafür eine Inspiration aus dem Internet so ziemlich 1:1 kopiert. Das Foto von der Inspirationsquelle habe ich noch auf der Festplatte gefunden (gespeichert 2013) aber die Google reverse Bildersuche konnte das Bild und damit leider die Quelle nicht mehr ausfindig machen, auf die ich verlinken könnte aus Copyright Gründen. Ich steh also jetzt mit einem Bein im Knast, weil ich es trotzdem hier zeige… 
 

In meiner Version sind die Farben nicht so pastellig und es ist etwas weniger oversized. Ich habe von meinen Jerseystoffen Längsstreifen geschnitten und die dann zu einer Stoffbahn wieder zusammen gesetzt. Auf diesen Patchworkstoff habe ich dann den Schnitt aufgelegt (Freebook Kimono Tee) und das Shirt zugeschnitten. Vorder- und Rückteil sind gleich im Streifenmuster, man könnte es auch gegengleich haben, dann würden die Streifen an der Schulter einfach weiterlaufen. Bei mir ergibt sich da ein versetztes Muster, das find ich auch ganz schön. 

Da ich keine Coverlock Maschine besitze, nähe ich die Säume oft mit der Zwillingsnadel um, auch Hals- und Armausschnitte. Leider leiern diese Nähte am Halsausschnitt immer aus, vor allem die, die sowieso schon weit sind und über eine Schulter rutschen. Da muss ich mir mal was Besseres einfallen lassen. Wer Erfahrungen mit bi-elastischem Nahtband hat und vor allem, ob es bei diesem Problem was nützt, hinterlasse mir gern einen Kommentar 🙂

Der Ausschnitt dieses Shirts wurde nämlich so riesig, dass mir das Teil nicht nur über die Schulter sondern auch noch die halbe Brust gerutscht ist, ergo untragbar. (In der Öffentlichkeit.) Ich hab jetzt an den Schulternähten auslaufend den Ausschnitt wieder enger genäht. 

Außerdem hatte das Shirt einige kleine Löcher, die ich von Hand stopfen musste, bevor sie zur Laufmasche mutieren. Die sind dicht an der Seitennaht und weil der hellgraue Jersey superfein ist, ging das nicht ganz unsichtbar, aber trotzdem noch halbwegs unauffällig. 

Gestopft werden musste auch meine letzte Kaufjeans, die ich seit ca 2 Jahren besitze. Die hatte zwar beim Kauf schon die stylischen Löcher, aber die Querfäden vom Denim liefen dort noch durch und ein Stück Vlieseline war hintergebügelt. Die Fäden haben mit der Zeit der Belastung am Knie nachgegeben und sind alle gerissen, danach auch die Vlieseline. 

 

 

Ich hab einfach ein Stoffstück mit Vlieseline zunächst hinten aufgebügelt und dann das Loch mit der Hand umnäht. 

So ist das nächste Lieblingsteil gerettet und wieder tragbar.

Als letztes zeige ich euch heute noch die zum Colorblock Shirt absolut perfekt passenden Espadrilles aus Leder, die auch schon in Vor-Bloggerzeiten entstanden sind. 

Von Prym gibt es die Sohlen fertig zu kaufen und der Standardschnitt war in der Packung enthalten. Meine Abwandlung ist das Colorblocking an der Fußkappe, inspiriert von den Chanel Espadrilles
  

Das Fersenteil hat noch ein dünnes Lederinnenfutter und auf die kratzige Jutesohle hab ich eine Baumwoll-Innensohle aufgeklebt. 
Um die Lederteile an die Sohle annähen zu können, musste ich ringsum erstmal Löcher reinmachen. Mit einer Lochzange und teilweise sogar mit einem Lochstanzer und Hammer. 

Meine Materialquelle: ich hatte mal eine ganze Tüte Lederreste auf dem Flohmarkt erstanden, Überbleibsel von einem Raumausstatter Atelier. Ich denke, in solchen Läden kann man auch einfach nach Resten fragen, viel braucht man ja nicht. 

Sneaker Espadrilles nähen | buttinette Blog

Ich hab seitdem noch ein zweites Paar Sohlen herumliegen. Es sollten Häkel-Espadrilles werden. Aber ich bin mir nicht sicher, ob die an den Füßen gut halten, oder der gehäkelte Teil besser gefüttert wird für Stabilität. Gut gefallen würden mir auch solche Schnürschuhe daraus… aber nicht mehr in diesem Jahr. 😉

Verlinkt: Nähzeit am Wochenende, Einfach Nachhaltig, So la la

 

 

16 Gedanken zu „Aus der Flickschusterei“

  1. Zum Ausschnitt : die Kanten ca. 2cm breit mit Vlieseline G 745 bebügeln , dabei etwas einhalten, so klappt es mit der Zwillingsnadel super.
    Alternativ nach dem Nähen einen leichten Gummi einziehen, aber nicht spannen
    Viel Erfolg !

  2. Toll, dass du dich ans Werk gemacht hast mit dem Reparieren! Meine Reparaturprojekte liegen leider auch immer ewig, es ist einfach nicht ganz so spannend wie neue Nähprojekte… Aber eben nachhaltig. Die Schuhe finde ich klasse! Klingt aber nach harter Arbeit.
    Viele liebe Grüße und danke fürs Mitmachen bei „einfach. nachhaltig. besser. leben.“!

  3. Danke – für Deinen Beitrag,
    so sehe ich es auch, Alte selbst genähte oder gekaufte Sachen Flicken und ändern, geht schnell und hat einen wichtigen Platz – neben Neues nähen.

  4. PS: ich hab den Ausschnitt übrigens mit Bündchen gemacht, damit es nicht so ausleiert. Das sieht eigentlich auch gut aus und hält es doch ein bisschen zusammen…

    1. ja, das stimmt. Bei einfarbigen Stoffen mache ich das auch so. Aber hier hätte es mir nicht gefallen, an das gestreifte Shirt einen unifarben Abschluss anzunähen…

  5. Das Foto deines Blogs gesehen und „Oh, scheiße“ gedacht. Nicht weil es mir nicht gefallen hätte, was ich sehe… Ich hatte einen wunderbaren gelben Viskosejersey (Farbe genau wie deiner) habe mich entschlossen ihn mit grau zu kombinieren (genau wie deins) und ein KimonoTee (:-)) draus zu machen. Hab mich für asymmetrisches Colorblocking entschieden und ich habe lange herumgetan, bis ich mich entscheiden konnte, wie die Farben verlaufen müssen. Und es ist eh ganz nett geworden. EH GANZ NETT. Und jetzt dein Shirt gesehen und gewusst: das wär es gewesen. Naja, es wir ein nächstes KimonoTee geben.
    Und jedenfalls hast du mich motiviert meinen „da mach ich irgendwas anderes draus“ Stapel wieder mal anzuschauen. 🙂

        1. hm. Emoji aus dem Text verschwunden. Jetzt klingt das so ernst. Also denke dir „HAHA, jetzt hab ich den Text nochmal lesen müssen“ und „ja bin ich: Smile“

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