Das Ass im Ärmel

Man könnte denken, ich hätte inzwischen genug Pullover. Ist auch so. Eigentlich. Aber ich bin ja noch lange nicht am Ende mit meinen Ideen für Pullis, bei denen man Reste verwerten kann. Und meine Stoff(reste)-Kisten sind voll…

Bei letzten Nähkränzchen in Berlin hat Anja, die Initiatorin, uns gebeichtet, dass sie eigentlich gar nicht so gerne näht… jedenfalls nicht so gerne, wie sie darüber nachdenkt, was sie gerne nähen würde.

Das ist ein wirklich guter Punkt.

Wo ich so drüber nachdenke, beschäftige ich mich auch wahnsinnig gerne mit den theoretischen Möglichkeiten und sammle Ideen, mache Moodboards und Pläne (die ich wieder über den Haufen werfe). Die Zeit, die ich dafür aufbringe, ist mindestens die gleiche oder mehr, als fürs tatsächliche Nähen. Ich lasse mich von vielem inspirieren, unter anderem auch von Kaufkleidung. In diesen Strickpullover von TwoThirds war ich sofort verliebt. So einen wollte ich haben.

Meine Stoffsammlung gab noch ein paar Bono Strickstoff Reste her. Einmal von einem Jäckchen, das es offenbar nie auf den Blog geschafft hat.


Weitere Farben hatte ich als kleinere Reste vom Stoffladen, ursprünglich dachte ich mal für Babykleidung. Aber wisst ihr eigentlich, wie schnell Babys gar keine Babykleidung mehr brauchen?! 😉 Das geht ratz fatz und schon steht man da mit lauter Stoff-Fitzeln.

Nur den Hauptstoff hatte ich nicht. Den „müsste“ ich tatsächlich neu kaufen.. (aber schicksalhaft war tatsächlich die einzige noch vorrätige Farbe im Laden die cremeweiße) Hm. Kaufen oder nicht? Bei meinem riesen Stoffvorrat?


Also hab ich diverse Optionen überlegt, um Neukauf zu vermeiden und kam dabei auf komplett andere Stoffkombinationen, die mich teilweise auch ziemlich begeistert haben. Für diesen Pullover mit Streifenärmeln im Farbverlauf hatte ich alles da – also hab ich losgelegt. Warum mir der Gedanke kam, dass die Streifen längs noch cooler werden als quer, weiß ich nicht, das war so ein Gedankenblitz. Hab ich sozusagen aus dem Ärmel geschüttelt 😉

Vom klassischen Bretonmuster creme/navy hatte ich nur noch kleine Stücke, da hab ich sogar eine Naht zum Stückeln gebraucht. Ist aber unauffällig.
Eigentlich wollte ich den eigenen Grundschnitt nehmen, an dem ich immer noch herumbastle – aber dann fand ich, dass der Pullover Frau Zora von Studio Schnittreif mit ein bißchen Extra-Drama am Ärmel noch passender für diese Variante wäre. Ich hab aber statt des sehr breiten Taillenbündchens den Torso etwas verlängert und das Bündchen verschmälert.

Auf Instagram gabs ein klitzekleines Making-of Video zu sehen, das möchte ich euch Bloglesern natürlich nicht vorenthalten.

Trotz des umwerfend tollen Ergebnisses: ich konnte mich einfach nicht von meinem ursprünglichen Wunsch verabschieden, kaufte schließlich die 70 cm Bono und hab einen zweiten Pullover genäht. Diesmal der eigene Schnitt.

Muss ich noch was dazu sagen? Die Bilder sprechen für sich und wer schonmal einen Bono Strick (von Swafing) in der Hand hatte, weiß was für ein Kuschelpulli das ist. Ich hab ihn auch gerade an. Zum Stoffkauf musste ich mich trotzdem überwinden, denn Bono ist ein nicht besonders nachhaltiges Mischgewebe: aus viel Baumwolle, aber mit einem Kunstfaseranteil von 27%. Ich würde so gern auf alles was mit Poly anfängt komplett verzichten. Das ist echt nicht einfach.

Gerade ist wieder Fashion Week in Berlin. Aus diesem Anlass hat Greenpeace eine tolle Aufmerksamkeits-Aktion gestartet. Und zwar auf die Flut von billiger Plastikkleidung der Fast-Fashion Ketten, die z.B. in Ghana auf den großen Second-Hand Kleidermärkten landen und von dort in großen Teilen einfach im Meer versenkt werden… wo das Zeug einfach niemals verrotten wird.

Es ist vermutlich keinem aufgefallen, aber die Hose auf den Fotos der Pullover ist auch neu. Ein Modell aus einer alten Fashion Style, hier schonmal genäht in einer Sommerversion in knallblau. Eine superschlichte schmale dunkelblaue Stretchhose. Hinten mit Gummibund, vorne mit echtem Hosenschlitz. Bequem, trotzdem etwas schicker als eine Jeans. Und lässt in ihrer Unauffälligkeit meinen Oberteilen ihre Show.

Natürlich war auch noch geplant, die Pullis in anderen Hosen-Kombinationen zu zeigen, aber es war dann einfach zu dunkel für Fotos.

Damit ich ohne schlechtes Gewissen noch mehr coole Restepullis nähen und euch vorstellen kann, darf der blaue mit den Streifenärmeln übrigens im Kleiderschrank einer Freundin einziehen.

Ich verlinke mich zum MeMadeMittwoch und freue mich auf die vielen Handmade Fashion Projekte, die man dort jeden Monat wieder bestaunen kann.

9 Gedanken zu „Das Ass im Ärmel“

  1. Auch diese Pullover sind Dir wieder grandios gelungen, Du bist eine eine wahre Inspiration für Resteverwertung bzw. kleine Stoffstücke. Ideen bekomme ich genug, an der Umsetzung hapert es noch.

    LG
    Sandra

  2. Wie immer gefallen mir deine Kretationen total.
    Und ich habe das gleiche Dilemma – ich suche schon ewig einen schönen Strickstoff und habe in meiner Not mal Bono versucht – aber das ist deutlich zu viel Poly. Weiß jemand eine Alternative?

  3. Den blauen Pullover habe ich schon auf Instagram bewundert und finde ihn einfach nur famos! Dass Du Dich von dem hast trennen können… Tolle Idee jedenfalls, ich bin da leider nicht so kreativ. Aber das kann ja noch werden – danke jedenfalls für die Inspiration!

  4. Beide Pullis sind wieder so schön geworden und da du ja aus Resten nähst: Kann frau davon wirklich genug haben? Wir sehen auf jeden Fall alle gerne mehr davon.
    Mit Bono hadere ich aus diesem Grund auch immer wieder. Ich finde auch, man fühlt das Plastik… weißt du, was ich meine. Beim Wärmegrad bin ich voll bei dir. Der Stoff ist perfekt für den Winter und richtig warm.
    LG Miriam

  5. Nachdem ich derzeit auch mehr Nähpläne erstelle als überhaupt eine Naht nähe, kann ich die Aussage von Anja ganz gut nachvollziehen. Aber die positive Energie, die so ein fertiggestelltes selbstgemachtes Nähstück mit sich bringt, die hat schon auch was. Und damit wären wir bei deinen neuesten Kunstwerken. Ich ziehe vor allem meinen Hut vor den perfekt aufeinander abgestimmten Übergängen bei den Streifen der Stoffe. Wie gut, dass du nette Freunde hast, die dich in deinem Kreativdrang durch Abnahme einiger Werke unterstützen 😉
    Liebe Grüße, heike

  6. Die Studie von Greenpeace kenne ich auch! Ich habe sie letztes Jahr sogar in einem Vortrag rund ums Recyceln und Upcyceln von Kleidungsstücken verwendet. Ich finde deine Upcycling Pullis total klasse! So viel gut zusammenpassende Stoffreste hätte ich gar nicht 🙂

  7. Ich fühle Anjas Aussage komplett mit. Ich plane und recherchiere einfach gerne, fange meistens auch noch gerne an und hätte dann aber ab und zu gerne die Möglichkeit, ein paar der Prozessschritte auszulagern. Nie das ganze Nähen, aber mal vielleicht den Zuschnitt, mal das Nähen des Kragens oder das Einreihen der Ärmel… Ein schöner Traum 🙂
    Apropos Traum, da lande ich doch gleich bei deinen Oberteilen. Ich bin ja immer noch in die weiße Bluse mit dem blauen Druck verliebt, die ruft einfach Sommer.
    Bono aus Baumwolle und Poly Stelle ich mir nicht sehr warm vor. Wie schneidet der im Vergleich zu deinen gestrickten Wollpullovern ab?
    Grüße, Tina

  8. Ich liebe deine Resteverarbeitungsstücke; die sehen für mich nie „irgendwie zusammengestückelt“ aus, sondern sind einfach wunderschöne Einzelstücke.
    Wäre daher zu schade, wenn du deine kreative Ader bremsen müsstest, weil dein Kleiderschrank voll ist. Daher ist die Weitergabe an Freunde doch eine gute Idee.
    LG von Susanne

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