Ich hab so viele Nähprojekte im Kopf. Und in den letzten Wochen blieben sie auch dort. Die Zeit, die ich zum Nähen übrig hatte, war mehr als überschaubar. Also hab ich mir gedacht, ich mache mal ein paar unkomplizierte Teile, die nicht so viel Zeit in Anspruch nehmen -aber die ich dringend im Kleiderschrank brauche: nämlich T-Shirts. Ich brauchte auf jeden Fall welche zum Drunterziehen. Vor allem unter meine schöne Patchwork Strickjacke, die ich zu selten trage – wegen fehlendem Drunter. Die meisten meiner Shirts sind zu weit oder zu kurz, haben überschnittene Ärmel oder Volants und Muster – das geht alles nicht.
Ein T-Shirt Schnitt, der schon länger auf meiner Festplatte (und in meinem Kopf) auf Umsetzung gewartet hat, ist Frau Anica von Studio Schnittreif. Es sitzt locker, aber nicht weit und hat einen schönen Rundhalsausschnitt – was beim Drunterziehen hilfreich ist, damit der nicht unterm Pulli rausblitzt.
Ich hab ne Menge Jerseys im Vorrat, teilweise auch noch Reste von anderen Projekten und da ich ja gerne Reste verwerte (wie ihr wisst), hab ich mir zunächst 3 Stapel zusammengesucht. Da ich die Taubenapplikation so mag und auch meine inzwischen fast zu Tode getragenen Versionen von Finas Ankerliebe hab ich gleich passende Stoffe aus meinen Restekisten gefischt, mit denen ich die Shirts aufpeppen könnte. Vor allem um mir den Prozess selbst spannender zu gestalten und motiviert ans Werk zu gehen.
Am Valentinstag hatte ich auf Instagram Ideen mit Herzen aus Textilien gesammelt und war deshalb thematisch bei der Idee gelandet, Herzen zu applizieren. Nicht grundsätzlich originell – aber ich verbinde damit auch das Herzblut, das in eine von mir für mich selbst genähte Garderobe fließt. „Love Yourself“ muss bei mir da nicht extra drauf stehen. Selbst genähte Kleidung ist Selbstwertschätzung. Ihr merkt hoffentlich schon, dass mir da nicht mal eben 3 schnelle T-Shirts „von der Nadel gehüpft“ sind (diesen Satz find ich übrigens soo schlimm…). Ich hab mir ziemlich Gedanken gemacht. Obwohl das für „Drunterziehshirts“ vielleicht übertrieben ist – aber so zieh ich sie bestimmt auch noch solo an. Beim Yoga oder gemütlich zuhause.
Projekt eins sollte ein hellgraues Shirt mit einem goldgelben Herzen werden, für das Motiv hatte ich eine Inspiration von Pinterest.
Projekt 2 ein T-shirt mit „Kintsugi“ Herz. Kintsugi ist eine traditionelle japanische Technik, mit der zerbrochenes Porzellan wieder zusammengeklebt und die Klebestelle mit Goldstaub betont wird.
Ein Rest von meinem Fliesenmuster Stoff schien mir da vielversprechend.
Ich dachte, ich würde ein Herz aus diesem Stoff dann mit einem Applikationsstich aus goldenem Garn aufnähen und hatte mir auch schon goldenen Faden besorgt. Aber als ich an meiner Vorlage gearbeitet habe, wurde mir klar, dass der Look nur perfekt sein würde, wenn die Stichbreite variiert. Und als die Vorlage fertig war, hatte ich gedanklich umgeschwenkt – es würde richtig gut mit dick aufgetragener Goldfarbe aussehen. Und da mir eine Kombi aus appliziertem Stoff (denn eine Applikationsnaht müsste ich ja definitiv haben) und Goldfarbe auch nicht ideal erschien, wurde auch der Fliesenstoff eliminiert und mit einem gedruckten Fliesenmuster ersetzt. Drucken lässt sich am besten auf weißem Stoff, aber das Motiv gefiel mir sowieso dann auf weiß am besten – also flog auch der blaue Jersey wieder aus der Planung.
Richtig deckende goldene Textilfarbe zu finden war schwerer als gedacht, der erste Kauf ein Fehlgriff – aber ich hab am Ende doch noch genau das gefunden, wonach ich gesucht habe. Als drittes Projekt hatte ich dann noch geplant, ein Herz aus lauter kleinen Herzen zu applizieren, aus vielen bunten Resten – ähnlich wie hier.
Aber… eine kleine Stimme meldet sich:
bei so viel Aufwand wäre es vielleicht ganz gut, den Schnitt erstmal auszuprobieren? Und sowieso – war nicht der Start der ganzen Sache der Bedarf nach einem Shirt für unter die Strickjacke – was war denn jetzt damit? Also gut. Dann erstmal ein „Probeteil“ in dunkelgrau. Der Halsausschnitt von Frau Anica ist schon ziemlich tief, und weil ich etwas mehr Platz für die Applikationen haben wollte, hab ich mir den 2-3 Zentimeter verkleinert. Ansonsten: perfekter Schnitt für mich – Volltreffer. Genäht hab ich Größe M.
Nachdem der Goldfaden nun schon angeschafft war, hab ich dann wenigstens das gelbe geometrische Herz damit appliziert. Allerdings mit Geradstich, da ist der Hauch von Goldglanz extrem dezent.
Das Projekt mit der Applikation war schon ziemliches Slow Sewing… das Motiv hab ich am Computer vorbereitet und ausgedruckt. Dann auf Vliesofix übertragen und dann die ganzen Fitzel ausgeschnitten, auf das Vorderteil des T-shirts gelegt und aufgebügelt. Und dann noch alle einzeln abgesteppt…
Stoff ist ein Baumwolljersey mit 20% Leinenanteil. Ich glaube, ursprünglich gekauft, um ihn mal mit Pflanzenfarben zu färben… Ich hab das T-shirt übrigens erst nach dem Applizieren zusammen genäht. Und das weiße gleich hinterher. Den weißen Stoff hab ich mal zur Verfügung gestellt bekommen, um Muster für Merchandise T-shirts zu nähen und durfte die Reste behalten. Schöner Singlejersey aus Biobaumwolle.
Für den Druck brauchte ich Schablonen aus Freezerpaper aus meinem Plotter. Der steht seit Ewigkeiten rum und staubt ein. Auf meinem aktuellen Rechner war noch nicht mal mehr die Plotter Software installiert. Gut, das war dann auch an einem Abend erledigt. Installation, Entstaubung, nachlesen wie das nochmal genau ging und zwei Schablonen schneiden. Zunächst hatte ich keine Goldfarbe, dann keine Zeit… und erst gestern Abend hab ich das Motiv aufgedruckt. Ich bin noch gespannt, wie die Goldfarbe die Wäsche aushalten wird… Es gibt auch Plotterfolien aus Gold, aber irgendwie ist mir wasserbasierte Farbe immer lieber als das Plastikzeug zum Aufbügeln. Ich wollte das Motiv absichtlich kleiner haben als das gelbe Herz. Ich denke, es hätte sogar noch kleiner ausfallen können… oder was meint ihr?
Eigentlich wollte ich die blaue „Fliesenfarbe“ so schattiert gestalten, wie auf meinem Entwurf. Aber weil ich schnell sein wollte, hab ich statt die Grundfarbe aufzutupfen einfach das Siebdruck-Sieb drauf gelegt und drüber gerakelt. Dann sah das so aus und ich hatte keine Chance mehr, zu erkennen, wo genau die Motive waren und wo dann noch zusätzlich dunklere Farbe aufgetupft werden muss. Nagut und schade. Versuch macht klug.
Ausblicke…
Ein bißchen schade find ich es ja, dass es dieses Jahr gar kein Frühlingsstricken auf dem Me Made Mittwoch Blog gibt. Aber so muss ich mich auch nicht beeilen, mein letztes Winterprojekt zu beenden. So kalt wie es im Moment noch ist, kann man aber den warmen Schal bestimmt noch brauchen.
Auf Instagram wurde letzte Woche schon zu einer Mitmachaktion „Wir nähen den Sommer“ aufgerufen. Der Zeitplan ist sehr entspannt – das kommt meinem derzeitigen Nähtempo auch entsprechend entgegen. 😉
Mein Stofflager ist sehr gut gefüllt und wenn ihr jetzt – wie ich – auch schon dachtet „Ach, diese gelben und blauweißen Sachen sind doch immer perfekt für Frau Holycows“: das ist der Sommerstapel, der vernäht werden möchte. Unklar, in welchen Sommern genau. Aber ich fang mal in diesem damit an.
Ausstellungstipp
Für meine Leser in Süddeutschland, oder die, die sowieso gern in Bayern Urlaub machen, wieder mal ein Ausstellungstipp. Am 22. April, pünktlich zur Fashion Revolution Week, eröffnet das Mindelheimer Textilmuseum die Ausstellung „Billig ist zu teuer – Fast Fashion und die Folgen“
Wer hier schon länger liest, wird es erkannt haben: eins meiner Werke ist Bestandteil dieser Ausstellung. Und zwar meine Boro-Jeans.
Es ist mir eine Ehre, unter anderem mit Upcycling Labels wie Bridge & Tunnel dort zeigen zu dürfen, wie schön nachhaltige Mode sein kann.
Und nun – hallo Memademittwoch! Ich bin bestimmt wieder die letzte heute…
Ich wünschte, ich könnte solche tollen, von Hand gemachten Sachen meinen Kunden anbieten! Wirklich Respekt. Ich finde vor allem den Effekt klasse. Da kommt Druck niemals dran!
Ich bin erst jetzt dazu gekommen, deinen Beitrag ganz zu lesen, Schande! So viel liebe zum Detail, großartig, daschlägt mein kreatives Herz auch direkt wieder schneller! Ich wünsche mir Zeit und Energie! Du bist immer wieder Eine Inspiration und daher absolut richtig platziert in der Ausstellung! Liebste Grüße, Sarah
Wahnsinn wie kreativ du bist. So, so schöne Shirts ich bin total beeindruckt von deinen Techniken. Ich bewundere deine Upcycling Projekte, vor alle weil sie nie danach aussehen. Es freut mich für dich, dass es deine Jeans bis zu einer Ausstellung geschafft hat. Den Sommertipp muss ich mir nun nochmals näher durchlesen. Danke auch dafür. Liebe Grüße Birgit
Wow! Deine T-Shirts sind ein Traum! Wirklich sehr sehr gut geworden. Respekt.
Dein Sommerstapel sieht sehr ambitioniert aus und vor allem so wunderbar farblich abgestimmt. Klasse!
Danke für den Sommernäh-Tipp. Da schau ich auch mal, was ich zustande bekomme.
LG
Miriam
Als ich noch ein Teenager war, musste meine Mutter mein Lieblingsjeans immer wieder reparieren. Sie bestand am Ende fast nur noch aus aufgesetzten Flicken. Damals, in den 80ern, wurde ich in der Schule dafür ausgelacht, heute ist das upcycling und findet sogar seinen Weg ins Museum. So ändert sich das 🙂
Sehr schöne T-Shirts übrigens.
Da warst du dem Trend ja weit voraus… 😉
Eine Umfrage von Greenpeace hat ergeben, dass die Hälfte aller Deutschen noch NIE ein Kleidungsstück repariert hat. Ich finde das absurd.
Dachte schon, ich mache dir diesmal Konkurrenz als Letzte, aber du hast den Platz erfolgreich verteidigt 😉 Deine T-Shirts sind mal wieder der Oberhammer. Am besten gefällt mir ja das applizierte gelbe Herz. Ich habe für sowas aber schon gar keine Geduld, bewundere dafür umso lieber deine Werke. Den Knitalong habe ich auch schon vermisst. Letztes Jahr war ja Sarah von Heibchenweise als Gastautorin, wenn ich mich recht erinnere. Und so cool, deine Boro-Jeans in einer Ausstellung, völlig verdient 🙂
LG heike
Es ist toll zu sehen, wie sauber du bei dem goldenen Herz appliziert hast. Deine Jeans wird absolut zurecht bei der Ausstellung gezeigt. Sie ist wirklich schön.
Grüße, Tina
Die T-Shirts sind ganz wunderbare Unikate geworden! Die Applikation ist sehr chic und das blaue Herz ein richtiges Kunstwerk! Erst gestern haben meine Kids Kintsugi mit Porzellan ausprobiert, aber aus Stoff kannte ich das noch nicht – sieht aber super aus mit der dicken goldenen Farbe!
Liebe Grüße
Nanni
Wie cool, das mit der Jeans, aber die ist auch einfach der Hammer, beide T.-Shirts sind sehr gelungen, erst dachte ich, beides ist einfach mit Schablone draufgemalt (macht man ja oft beim Aufpeppen von Kindershirts so), aber das bist nicht du, sehr wertig, vor allem das gelbe Herz, mir kommt gerade die Idee, auch Zeug aus meinem Fundus mal wieder mit Applikationen aufzupeppen, sehr lange nicht mehr dran gedacht, lg Anja
Applikationen find ich sehr spannend, schade dass ich mir selbst auch selten die Zeit nehme für sowas.
Deine Überlegungen und dein Weg, die Idee umzusetzen, war spannend zu lesen und das Ergebnis sieht soso schön aus!
Und wie cool, dass deine Jeans in einer Ausstellung zu sehen ist!
LG von Susanne
Genau, Du bist die letzte und ich bin die, die von uns immer am längsten auch auf die späten Beiträge schaut – zwei Nachteulen sozusagen… Danke für Deinen ausführlichen Beitrag. Ich mag Deine Projekte immer sehr und staune, wie kreativ Du verschiedenste Techniken ausprobierst. Die Applikationen gefallen mir sehr. Ziemlicher Aufwand für ein Shirt, aber ich liebs! Das gelbe Herz ist so schön, dass ich es abgespeichert habe. Aber im Speicher liegt ja auch noch Dein Diamant aus Jeansresten. Ach, ich könnte so viel probieren, wenn ich wüsste wann. Und Dein Sommerstapel ist übrigens herrlich. LG Ina
Ach ja, wegen Deiner Frage zum Frühlingsstricken – das liegt so bissel daran, dass wir vier MeMadeMittwoch-Macherinnen keine Strickerinnen sind. Aber wir könnten das im nächsten Jahr an Gastautorinnen abgeben. Hoffe, ich denke dann daran. Oder Du erinnerst mich rechtzeitig