Noch immer bin ich am Vervollständigen der Winter Capsule Wardrobe und ich gestehe, ein bißchen war die Luft raus in den letzten Wochen. Das macht aber gar nichts, ich muss ja nicht mehr Sachen nähen, als ich anziehen kann und die Teile, die ich jetzt noch ergänze, können sowieso ganzjährig getragen werden. Außerdem war ich Ende März zum ersten mal auf der Handarbeitsmesse in Köln, der h+h, inklusive Bloggerevent der Initiative Handarbeit. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, im Nachgang etwas über die nachhaltige Entwicklung im DIY Fashion Bereich zu schreiben, aber so richtig tolle neue Entdeckungen konnte ich dort leider nicht machen. Zumindest nicht bei den Stoffen. Welche Bio-Stoff Angebote es trotzdem gab, hat Ulrike von Moritzwerk bereits ausführlich im Auftakt-Post zu ihrer neuen, interessanten „Sustainable Sewing“ Reihe besprochen, da könnt ihr euch gern mal rüber klicken. Aber im Bereich Wolle und Garne war die Nachhaltigkeit zumindest überall ein Thema! Gemerkt habe ich mir vor allem die Elbwolle, denn wie ich seit meinem Sylt Urlaub letzten Sommer weiß (da kam ich auf die Idee mir Socken von Sylter Schafwolle zu stricken, die es aber leider nicht gibt): die Wolle deutscher Schafe wird in den allermeisten Fällen nicht verarbeitet sondern einfach entsorgt. Heißt: landet im Müll. Find ich unglaublich eigentlich. Aber Elbwolle hat sich der regionalen Wollproduktion angenommen, im Online-Shop findet ihr verschiedene Garne von deutschen Schafrassen wie Pommernschaf und Coburger Fuchs. Seit der Wintersaison 18/19 hat Lebenskleidung auch einige Stoffe im Programm, die aus der Elbwolle produziert werden – daher hatte ich auch den Namen schonmal gehört. Und apropos Lebenskleidung: hier schließt sich der Kreis und ich komme endlich auf den Hauptpunkt des heutigen Posts – meine Bluse. Den verwendeten Stoff habe ich
nämlich von Lebenskleidung und zwar schon vor über einem Jahr zum Probenähen bekommen und ich versuche jetzt mal halbwegs plausibel zu erklären, warum es soooo lang gedauert hat, bis ich ihn vernäht habe. Der Grund ist nämlich schon ein bißchen bekloppt.
Ich hatte ursprünglich eine Projektidee für einen Chambray – aber der Stoff war leider gar nicht so passend dafür wie ich es mir vorgestellt hatte. Das ganze hätte eine Outfitkombi mit der „Lammfell“-Jacke werden sollen, die ich auch genäht und verbloggt habe. Aber der Chambray blieb liegen. Ihm fehlte das Rustikale, Denim-ähnliche, das Chambray Stoffe eigentlich an sich haben durch die 2 verschiedenen Garnfarben, die verwebt werden. Dieser Stoff war viel zu edel! Man sieht den 2-farbigen Effekt auch nicht, so fein gewebt ist der Stoff. Er changiert ganz leicht im Licht, leider kann man das gar nicht fotografieren. Und leider war er viel heller und viel dünner als ich gedacht hatte und nicht gerade „fließend“ sondern mit ziemlich Stand. Es musste also eine neue Projektidee her. Zunächst dachte ich, ich bleibe bei Hemdbluse – dann eben in edel. Solche hellblauen Damenhemden waren letztes Jahr „in“ und ich wollte, bevor ich ein so aufwändiges Projekt beginne, sichergehen, dass es mein „Style“ ist und bin deshalb zu hasi und mausi gegangen um mal eins anzuprobieren. Und soll ich euch was sagen? Diese Hemden waren so sehr „in“, dass ein solches für sage und schreibe 4,99 € im Laden hing, als Angebot der Woche. (Natürlich nicht aus Bio-Baumwolle, aber das sieht man ja der Klamotte leider nicht an). Vier Euro neunundneunzig!!!! ALARM! Schnappatmung. Bei 1,5 m Stoffverbrauch kann man sich allein ja schon nicht ausrechnen wie das gehen soll. Aber die Arbeit für ein Hemd – mit Manschetten und Dachschlitz, Kragen und Knopfleiste sowie Annähen von 10 Knöpfen… wtf?!
Ja, das Hemd sah gut aus und es stand mir – aber diese Situation hat mich in eine Schockstarre versetzt. Ich konnte nicht und wollte nicht ein Basic Kleidungsstück nähen, für das ich locker 10 Stunden Arbeit investieren muss, um dann etwas zu tragen, das mich immer an diese Fast Fashion Massenwarenkatastrophe erinnern würde. Nein, mein super Stöffchen sollte eine bessere Bestimmung haben. Und was ganz besonders tolles werden…. den Rest der Geschichte könnt ihr euch vielleicht denken. Mein Moodboard für „hellblaue Blusen“ wuchs und wuchs und nichts konnte dem hohen Anspruch genügen, den ich jetzt innerlich an das Projekt gesetzt hatte. Bis ich schließlich zu dem Schluss kam, dass eine evtl. unperfekte Bluse immer noch besser ist, als gar keine oder schlimmer -als dem Stoff den Todesstoß zur Schrankleiche zu geben.
Nach vielem hin- und herüberlegen sollte es ein Blusenshirt mit verkürzten Ballonärmeln werden. Einige Schnitte kamen in Frage, z.B. die Puff Sleeve Bluse von mocha. Ich zögere aber immer, einen teuren Download Einzelschnitt zu kaufen, wenn ich denke, ich könnte das auch ohne Schnitt oder mit einem Pattern Hack hinbekommen. Und dafür hab ich mich letztendlich auch entschieden und spontan das aktuelle Burda Easy Heft gekauft, in dem es ein Blusenshirt in 3 Varianten gibt. Bluse mit Schleife 01/2019 #2C benötigte nur kleine Anpassungen.
Am Ende ist es also eine recht schlichte und unspektakuläre, aber hübsche Bluse geworden, die gut kombinierbar ist und mit Boyfriend Jeans dann doch sehr lässig aussieht.
Mit einem schmalen Rock wird die Angelegenheit aber schon viel schicker!
An der Kombi mit der Fischgrät Culotte gefällt mir, dass die Stoffe eigentlich perfekt für einen klassischen Herrenanzug mit Hemd sind, also aus der Männermode kommen, aber durch die Schnittwahl zu einem durchweg weiblichen Outfit werden.
Am glücklichsten bin ich aber mit dieser Kombi, meiner inzwischen unverzichtbaren, im Dauereinsatz befindlichen Skinny Jeans. Ein perfekter Alltagslook für mich.
Ganz zum Schluss nun noch mein Outfit Fail – ich war mir sicher, dass die Bluse suuuper zu meiner weißen Mikkaela Hose aussehen würde, die nämlich mit dem hellblauen Sommertop so mega gut funktioniert hatte und die Farbe ist sehr ähnlich… die Spiegel-Kontrolle hat das Outfit auch noch bestanden, aber ganz ehrlich: wenn ich mir das Bild so anschaue, erinnert mich das irgendwie an OP-Kittel… 😉
Verlinkung: Du für Dich, Bio Linkparty, Einfach nachhaltig, Creative Lovers
Mal wieder wunderbar lustig, informativ, erhellend, unterhaltsam hier bei dir! Sehr konsequent von dir, dass du die Hemdbluse nicht einfach mitgenommen hast.
Das mit dem Stoff könnte mir ja auch 1:1 zu passieren. Bei meiner letzten Regenjacke ging es mir so. Als ich fertig war mit der Überlegung, was die alles so haben müsste, flatterte eine Tchibo-Werbung ins Haus, mit so einer Jacke, nur in dunkelblau. Uahh!
Die Bluse ist schön geworden! Ich stimme dir aber zu, zu der weißen Hose passt sie nicht, zu „uni“, da fehlt was, was bei dem Sommertop vielleicht durch die Streifen kommt und dass es einfach viel weniger Stoff ist.
LG Christiane
Nee, das geht nicht mehr. Ich hab mich so ausführlich mit der globalen Textilindustrie und ihren häßlichen Abgründen beschäftigt, dass ich solche „Schnäppchen“ nicht am Leib haben möchte. Da klebt mir zu viel Blut, Schweiß und Tränen dran. Früher fand ich „billig“ einkaufen schlau, denn für Markennamen war mir mein Geld zu schade – aber ein absoluter Augenöffner ist zum Beispiel der Film „The True Cost“. Kann ich nur jedem empfehlen, sich das mal anzuschauen.
Oh wie spannend Dein Post. Mich schockiert ja das Wegwerfen der Wolle beinahe mehr, von Fast Fashion hat nichts anderes erwartet… Der Stoff hat eine schöne Bestimmung gefunden, die Bluse sieht toll aus, gerade auch zur Jeans. LG Manuela
Ja, diese Info hat mich auch geschockt. Ich habe auf Sylt das Treffen der Inselweberinnen besucht und schließlich 200g handgesponnene rohe Wolle privat von einer der netten Damen erworben, die mir erklärt hat, dass es sich einfach nicht „rechnet“, die verdreckte Wolle der Deichschafe aufzubereiten und kommerziell zu vertreiben. Die Hobby-Spinnerinnen und Weberinnen haben aber doch zum Teil lokale Wolle verwendet. Dickes naturbelassenes Garn, musste mit Nadelstärke 15 gestrickt werden, also nix für Socken.
Wieder so ein toller Post! Auch mir gefällt die Bluse auch mit der weißen Hose gut, und ich wundere mich auch immer das viele gerne nähen was einem gekauften Teil ganz nah kommt. Ich möchte nichts nähen was in Massen in den Läden hängt.
Liebe Grüße
Christine
Ja und nein. Wenn man wie ich die ganze Garderobe komplett selbst näht, kommt man auch um Basic Teile, wie es sie überall zu kaufen gibt, nicht drumherum. Obwohl ich auch mehr Freude an der Extravaganz habe, das geb ich zu!
Ich bewundere deine vorstellungskraft für stoff und schnittkombination! Die burdaeasy hatte ich auch in der Hand und nichts hat mich angesprochen, mir fehlt noch die idee schnitte zu verändern… ist dir super gelungen und schaut nach einem super basic Teil aus! Lg Sarah ….mit der weißen Hose übrigens auch finde ich….
Ich hab schon seit Jahren keins der Easy Hefte gekauft, weil mir die Schnitte zu einfach sind und die Stylings mich ohnehin gar nicht ansprechen. Bei Burda hilft mir sowieso nur der Blick auf die technischen Zeichnungen. Mir gefallen einige derHeftschnitte (Hose, Kleid) – aber diese hätte ich auch so ähnlich schon irgendwo in anderen Magazinen gehabt. Die Easy macht halt das Schnittmuster abnehmen so „easy“ – einfach ausschneiden. Das gefällt mir!